Hintergründe

Visionen, Krisen, Glanzstunden

Die Geschichte der Meisterkonzerte Bremen

Gründungsstätte und Standort der der Meisterkonzerte von 1950 bis 1953: Bischofsnadel 8
© Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette GmbH

Eine lange Geschichte ...

Die Ursprünge der Meisterkonzerte Bremen lassen sich bis ins Jahr 1864 zurückverfolgen – das Jahr, in dem Carl Johannes Praeger und Hinrich Wilhelm Meier die Musikalienhandlung Praeger & Meier in Bremen gründeten. Schon bald fungierte das Geschäft auch als Konzertbüro, das zwar keine eigenen Veranstaltungen organisierte, aber für Veranstaltungen warb, Tickets verkaufte und als Vermittlung zwischen Künstlern und Konzertveranstaltern fungierte. Und so war es nur noch ein kleiner Schritt, dem Portfolio des Verlags nach dem Zweiten Weltkrieg eine weitere Facette hinzuzufügen: die eigenverantwortliche Veranstaltung von Konzerten.

Damals und heute: Bischofsnadel 8

Die Meisterkonzerte werden geboren

Der Mann, der die Meisterkonzerte schließlich ins Leben rief, war Werner Lutz. Der gebürtige Braunschweiger hatte im Zweiten Weltkrieg in der Marine Kriegsdienst geleistet und fand anschließend seine Berufung im Kulturbetrieb. Zunächst arbeitete er für das renommierte Kammerorchester des Geigers Wilhelm Stross, bevor er 1951 als Geschäftsführer der Philharmonischen Gesellschaft nach Bremen ging und dort zudem den alteingesessenen Verlag Praeger & Meier von der Witwe des Vorbesitzers Curt Döttger übernahm. Noch im gleichen Jahr veranstaltete er das erste Meisterkonzert, einen Klavierabend mit Starpianist Walter Gieseking. Eine fruchtbare Koexistenz der Philharmonischen Gesellschaft und den Praeger-&-Meier’schen Meisterkonzerten entwickelte sich. Zunächst beschränkten die Meisterkonzerte sich auf klein besetzte Veranstaltungen: Klavierstars und aufstrebende Sänger wie der blutjunge Dietrich Fischer-Dieskau oder die Sopranistin Teresa Berganza ergänzten das Konzertangebot der Stadt wirkungsvoll neben den großen Orchesterkonzerten der Bremer Philharmoniker. 

Werner Lutz und Yehudi Menuhin
Werner Lutz (l.) mit Yehudi Menuhin © Leonhard Kull

Goldene Jahre

Nach und nach – und stets in enger Abstimmung mit der Philharmonischen Gesellschaft – lud Werner Lutz ebenfalls Orchester zu den Meisterkonzerten ein – zunächst Kammerformationen wie I Musici di Roma oder das Stuttgarter Kammerorchester, später auch große internationale Klangkörper wie die Bamberger Symphoniker und die Academy of St Martin in the Fields. Und das kluge Kalkül ging auf: Aus einer Abonnementreihe der Meisterkonzerte wurden zwei; bis zu 16 Abonnementskonzerte (sowie einige Sonderkonzerte) pro Saison veranstaltete der umtriebige Impresario, der Mitte der 1960er-Jahre zudem noch die Hamburger Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette mit übernahm und ebenfalls höchst erfolgreich führte. Dabei kam die doppelte Leitungsfunktion den Meisterkonzerten durchaus zugute: Immerhin konnte Lutz Künstler:innen und Tourneeorchestern nun Konzerte in gleich zwei norddeutschen Städten anbieten. So kamen in den 1980er-Jahren unter anderem Håkan Hardenberger, Martha Argerich und die junge Anne-Sophie Mutter nach Bremen; das Konzertbüro von Praeger & Meier in der Böttcherstraße 7 war eine bekannte Adresse in der Stadt.

Damals und heute: Böttcherstraße 7

Krisenjahre

Ende der 1980er-Jahre verkaufte Werner Lutz die Konzertdirektion Goette an den Hamburger Konzertveranstalter Hans-Werner Funke, mit dem er schon lange guten Kontakt und eine freundschaftliche Zusammenarbeit pflegte. Mitte der 1990er-Jahre entschied der mittlerweile über 70-Jährige dann, sich auch aus der Firma Praeger & Meier und den Meisterkonzerten zurückzuziehen. Gleichzeitig brachte die groß angelegte Renovierung der Glocke Bewegung in die Bremer Musikszene – und natürlich auch mehr Konkurrenz für die alteingesessene Firma. Es folgten schwierige Jahre: Werner Lutz verkaufte Praeger & Meier an die Agentur Pölking-Eiken, die veränderte Lage im Bremer Kulturleben sorgte jedoch dafür, dass die Firma gut ein Jahr nach dem Eigentümerwechsel Bankrott erklären musste.

Programmheft zum Konzert von Anne-Sophie Mutter in Bremen, 29. September 1997
Glamourös trotz Schwierigkeiten – 1997 konzertierte Anne-Sophie Mutter bei den Meisterkonzerten © Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette GmbH

Rettung in letzter Sekunde

Rettung für die Meisterkonzerte kam in Gestalt von Ulrike Thümmel, einer ebenso erfahrenen wie geschäftstüchtigen Veranstalterin im Kulturbereich. Seit vielen Jahren organisierte die gebürtige Delmenhorsterin schon damals – und noch bis heute – Konzerte und Theateraufführungen in ihrer Heimatstadt. Sie kannte Werner Lutz schon lange, da er für sie – und für ihren Vater vor ihr – immer wieder Künstler:innen und Konzertprogramme nach Delmenhorst vermittelt hatte. Nach dem Bankrott von Praeger & Meier sprang sie in die Bresche und führte die Meisterkonzerte bis zur Saison 2010/11 fort: mit einem Schwerpunkt auf kammermusikalischen Werken und einer engen Zusammenarbeit mit dem Orchester des NDR in Kooperation mit der Glocke.

Neustart bei Funke

In Hamburg hatte derweil Pascal Funke in Nachfolge seines Vaters die Geschäftsführung der Konzertdirektion Goette übernommen und unterbreitete Ulrike Thümmel schließlich den Vorschlag, die Meisterkonzerte Bremen zu übernehmen. Bald wurde man sich handelseinig, sodass die traditionsreiche Konzertreihe seit der Saison 2011/12 – wie zu Zeiten von Werner Lutz – wieder zum Hause Goette gehört. Dabei blieb ihr Profil über alle Wechselfälle konstant: Bis heute kann man bei den Meisterkonzerten die Stars der Klassik von Lang Lang bis Julia Fischer, von Patricia Kopatchinskaja bis Rolando Villazón erleben.

Die Meisterkonzerte-Publikationen im Lauf der Jahrzehnte: